Stromata - Mit und gegen den Strom
Über "Astronomical dating of Roman time"
(Petra Ossowski Larsson und Lars-Åke Larsson)
Griasde Sepp (Rothwangl),
Ich will ganz allgemein auf deren Text antworten.
Ihr Vorgehen orientiert sich ganz auf die Vorgaben eines Heribert Illig und des damaligen Hans-Ulrich Niemitz (dieser hat sich ja später davon distanziert):
Erstens: zuerst werden alle astronomischen Überlieferungen, besser gesagt Datierungen und Rückrechnungen, grundsätzlich in Frage gestellt, verworfen, weil auf irgendeine Weise gefälscht oder fabriziert. Die herkömmliche astronomische Chronologie ist somit kein Indiz mehr für historische Abwägungen.
Zweitens: Ein (oder ganz wenige) astronomische Überlieferungen werden dann aber als absolut zuverlässig herausgegriffen, um darauf eine neue Chronologie zu gründen, mit anderen, umgedeuteten kalendarischen Schemata. Der Rest an Überlieferungen wird aber weiterhin fallengelassen.
Die Larrsons geben immerhin zu, dass die römischen Sonnenfinsternisse kalendarisch durchaus rückrechnend in der herkömmlichen Chronologie zutreffend sind. Dies aber zugestanden, haben wir sofort viele weitere Überlieferungen, sei es aus babylonischer Zeit, seien es griechische, seien es die des Ptolemäus; seien es Mond- oder Sonnenfinsternisse, aber auch Sternbedeckungen, parat, die ein "Gerüst der Zeit" aufspannen, auf die also unsere modernen Rückrechnungen erstaunlich gut zutreffen.
Indem ich derartige Verfahren leugne, bin ich schließlich ganz frei, ähnliche historische Ereignisse gleichzusetzen, wie z.B. die Justianische Pest mit der des Hochmittelalters (Topper), oder die beiden Dreißigjährigen Kriege von 1618-48 und 1914-1945, oder "Homer" als eine Projektion ("Megali Idea") des Griechisch-Türkischen Krieges von 1919-1922 aufzufassen. Wenn es eigentlich nichts zu datieren gibt, braucht man auch nicht re-datieren.
Die Larrsons haben ja zunächst aus dendrochronologischer Sicht eine Zeitlücke gefunden, die Zeit der Merowinger, die angeblich nicht existiert haben soll. Sie haben sich also auf die Dendrochronologie gestützt und-aber witzigerweise gezeigt, dass vorher (von heute aus gesehen), das dendrochronologische Zeitgerüst okay zu sein scheint – sie haben also derart die karolingische Phantomzeit Illigs widerlegt. Ein gewiss hübsches Resultat. [Siehe dazu Mike Baillie: Verifying European Dendrodating, in Franz Krojer: Chronologie der Dendrochronologie, München 2014, S. 349 f.] (Siehe auch: https://www.differenz-verlag.de/Dendrochronologie/BaillieDendrodating.pdf)
Die Larrsons glaubten, eine dendrochronologische Phantomzeit entdeckt zu haben und suchten anschließend nach astro-historischen Belegen, die diese Lücke belegen könnten. Aber sie bringen eben nicht die Dendro-Lücke mit der Astro-Lücke zur Deckung, denn das wäre wirklich überraschend und nachdenkenswert gewesen: wenn hier nachträglich, also mit Sonnenfinsternissen, genau, also jahrgenau, diese Lücke bestätigt worden wäre und auf diesem Weg systematisch weitergegangen werden könnte. Aber auch diese Differenz können sie nur durch viel Wortgewurbel kaschieren. Nichts wird einfacher und evidenter dadurch.
Mittels der eingangs genannten Illigschen Methode lässt sich Beliebiges beliebig oft "beweisen". Wir haben bei den Larrsons eine Merowingische Phantomzeit, bei Illig eine Karolingische Phantomzeit und beim "ungarischen Illig", Zoltán Hunnivári, eine Ottonische Phantomzeit, oder einfach zusammenaddiert schließlich einen Fomenko. Man kann so denken, aber mir leuchtet es einfach nicht ein. Sobald nämlich etwas mehr Exaktheit gefordert wird, schließt immer nur die herkömmliche Chronologie auf, passen also nur dann Rückrechnungen und Überlieferungen einigermaßen zusammen.